K3 No. 5 - November 2020

| 05 | 2020 19 Bilder (im Kopf) Schwerpunkt Wenn Du 40 Jahre alt oder etwa so alt wie Deine Eltern bist, was hast Du dazu als Bild im Kopf? Ich wohne noch in München und habe denselben Beruf wie mein Papa. Ich bin nicht verheiratet, habe ein Auto und wohne mit meiner Familie zusammen. (Junge, 5) Ich wohne ich München und arbeite als Hamsterzüchterin. Ich bin verheiratet und habe zwei Töchter. Ich habe viele Hamster, ein Pferd, eine Wohnung und ein Auto. Ich bin hübsch und hab blonde Haare. (Mädchen, 6) Ich möchte gerne Kinder haben, aber habe Angst, dass ich einen Kai- serschnitt machen muss. Deshalb denke ich, dass ich in der Zukunft keine Kinder haben werde. (Mädchen, 7) Ich sehe erwachsen aus und hab lange Haare. Ich wohne in einer anderen Stadt als München. Ich arbeite als Architektin. Ich bin ver- heiratet und habe ein bis zwei Kinder. Es ist mir egal, wie viel Geld ich habe. Ich habe eine Katze und ein Auto. (Mädchen, 6) Ich bin dünn, habe eine Brille und einen Bart. Ich arbeite als Erfinder und wohne in München. Ich habe drei Kinder, einen Garten und ein Auto. Es ist mir egal, wie viel Geld ich verdiene. Ich möchte unbedingt auf den Mond fliegen. (Junge, 5) Ich habe zwei Kinder, bin nicht verheiratet. Ich arbeitet als Texter oder im Zoo, fahre kein Auto und rutsche dafür vom Dach meines Hauses ins Meer. (Junge, 6) Ich arbeite als Reiterin, verdiene 3020 Euro im Monat und wohne in einem großen Haus mit 4 Zimmern in München. Ich bin verheiratet und habe zwei Kinder. Ich habe ein Pferd, einen Hund, eine Katze, eine Schlange, einen Hamster, einen Frosch, einen Wellensittich, zwei Mäuse und Goldfische. Ich habe einen eigenen Stall im Garten. (Mädchen, 6) Ich arbeite als Fußballprofi und lebe glücklich in einem großen Haus. (Junge, 7) Ich arbeite als Künstlerin. Ich bin verheiratet und habe ein Kind. Ich habe eine Wohnung (wenn man eine Wohnung hat, ist man glücklich). Ich fahre einen Mercedes. (Mädchen, 8) Am Ende der Eindeutigkeit in der Geschlechterzuschreibung Das Leben als Collage Ich gehe durch die Straßen und sehe sie. Sie sind so unterschiedlich und doch haben sie eines gemeinsam: sie werden als Mädchen* wahrgenommen. Ob sie sich selbst so fühlen oder nicht, danach werden sie selten gefragt. Ich bin Frau Dafür muss ich keine Vagina haben Nicht ständig über Pickel klagen Beim Handwerken komplett versagen Und lächelnd Vorurteile ertragen Nein, dafür muss ich nur sagen Ich bin Frau Nadja Kretschmer Was bedeutet es eigentlich, ein Mädchen* zu sein, in unserer ach so emanzipierten Gesellschaft? Welche Erwartungen werden ihnen entge- gengebracht, wie wollen sie sein? Und gibt es da Überschneidungen? Oder werden sie so, weil die Gesellschaft ihnen direkt oder indirekt zeigt, wer oder wie oder was sie zu sein haben? „Wer bin ich? Eine Frage, die viele – besonders junge – Menschen beschäftigt. Doch fast noch wichtiger und auch schwieriger ist die Frage, wer will/soll ich sein? Und während man seinen Freiraum zur Entfaltung braucht, wird man besonders als Mädchen* oder junge Frau* von Erwartungen nur so eingeengt. Erwartungen von Bekannten, Freundinnen und Freunden, Familie, Fremden und sich selbst. Ich stelle dies einmal an mir selbst dar: Einerseits soll ich nicht zu laut, zu aufdringlich, zu rebellisch oder zu anders sein. Und auf der anderen Seite muss ich stark, selbstbewusst, schlagfertig sein. Schließlich bin ich ja Feministin.“ Nadja Kretschmer (15 Jahre) Ein Mädchen* erzählt, dass sie immer als sehr selbstbewusst wahr- genommen wird und sie fragt sich, ob es an ihrer Kurzhaarfrisur, ihrem direkten und manchmal lauten Auftreten liegt oder daran, dass sie lieber Kapuzenpullis trägt und sich die Beine nicht rasiert. Sie fühlt sich jedoch gar nicht so selbstbewusst, wie die Welt ihr es zurückspiegelt. „Frauen wurden seit ihrer Geburt in einen bestimmten Rahmen ge- bracht, angefangen bei der Auswahl der rosa Farbe für ihre Kleidung bis zu allen Spielsachen, die mit Barbie und dem weinenden Kind zu tun haben, das Pflege benötigt. Die Gesellschaft lehrt sie die Rolle der Mutter von Beginn an und zieht sie den Männern vor, die mit dem Ball außerhalb des Hauses spielen. Entscheidend ist, zu wissen, dass Frauen seit ihrer Kindheit einen weiten Horizont in Bezug auf Denken und Kreativität haben und sich physisch nicht von Männern unterscheiden. Merkmale wie Zärtlichkeit, Weichheit und Freundlich- keit beziehen sich alle auf Frauen, und jedes Verhalten, das diesen Merkmalen widerspricht, ist für sie oder ihre sexuelle Identität nicht geeignet.“ Linda Sijare (26 Jahre) Bilder im Kopf. Bilder prägen unsere Wahrnehmung, unsere Spra- che, unser Verhalten. Vor allem die Bilder im Kopf. Schon im frühen Kindesalter wird unsere Wahrnehmung von Bildern geprägt, die wir Die Zitate auf dieser und den folgenden Seiten stammen von Kindern und Jugendlichen aus dem MKJZ Westend, dem Freizeittreff Freimann, der Kindervilla Drei Eichen und der Kindervilla Theresia.

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