K3 No. 2 - April 2020

Dachzeile 26 das kommt | 02 | 2020 Sport Schwerpunk Junger Fan des FC Augsburg in der Ausstellung der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg – antirassistische Arbeit ist ein wesentlicher Teil des Fanprojekts. Der Erfolg ist, dass sich das Turnier inzwischen fast von allein trägt. Die Fangruppen organisieren viele Dinge eigenständig und es sind verlässliche Strukturen entstanden. Das Fanprojekt selbst bleibt aber weiter unterstützend dabei. Was hat sich konkret verändert? Nach der Sensibilisierung der Fangruppen haben sich diese beispiels- weise schon sehr bald dafür eingesetzt, dass die Stadionordnung angepasst wird. Jetzt achtet man zum Beispiel darauf, dass Symbole oder Mode-Labels, die eindeutig der rechten und rassistischen Szene zuzuordnen sind, aus dem Stadion verschwinden. Übrigens: Unsere pädagogischen Projekte denken wir immer auch inklusiv und binden etwa Einrichtungen der Behindertenhilfe ein. Der Fußballfan ist also durchaus ein Homo Politicus? Aus dem Fanprojekt können wir jedenfalls berichten, dass es zwischen den jungen Fans und der lokalen Jugendarbeit immer eine gute Verbin- dung gibt. Das führt dazu, dass sich viele dieser Fans auch politisch äu- ßern und positionieren wollen – immer deutlich gegen Diskriminierung und Rassismus. Fußballfans denken natürlich politisch und engagieren sich. Sie sind auf politische Themen ansprechbar. Im Laufe der letzten zehn Jahre hat sich viel verändert. Denken wir nur an die Initiativen gegen die fortschreitende Kommerzialisierung des Fußballs … Braucht es das Fanprojekt dann überhaupt noch? Vieles läuft selbständig ohne unsere Unterstützung. Aber es wird eine koordinierende Stelle gebraucht, die Impulse in die Fanszene aussendet. Das wird wohl auch in den kommenden Jahren notwendig sein. Viele der jungen Menschen wissen auch nicht so recht, auf welchen Wegen und mit welchen Botschaften sie sich am besten artikulieren sollen. Da unterstützen wir gern. Fußball hat eine große Strahlkraft und erreicht eine extrem breite Öf- fentlichkeit. Das machen wir uns im Fanprojekt zunutze. Letztlich geht es uns aber wie anderen Pädagoginnen und Pädagogen – man arbeitet, um sich eines Tages selbst überflüssig zu machen. Interview: Marko Junghänel Unsichtbare Mädchen im Sport Unsportlich, unfair, unhaltbar Sport hat in unserer Gesellschaft einen wichtigen Stellenwert. Besonders für Kinder und Jugendliche ist Bewegung essentiell für eine gesunde körperliche und geistige Entwicklung. Doch bei näherem Hinsehen wird klar: Sport ist auch im 21. Jahrhundert oft noch Männersache. Egal, ob in den Medien oder auf dem Spielfeld – Sport treibende Frauen sind selten zu sehen. Bei jungen Frauen und Mädchen verstärkt sich dieses Phänomen noch weiter. Die Münchner Sportjugend (MSJ) geht dem Ganzen auf den Grund und versucht, die unsichtbaren Mädchen in den Fokus zu rücken. Denn Sport tut allen Kindern und Jugendlichen gut, egal welchen Geschlechts. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beklagt seit langem den Bewegungsmangel bei allen jungen Menschen. Der Anteil der sportlich inaktiven Mädchen ist dennoch signifikant höher. Betrachtet man die Vereinsmitgliedschaften, ergibt sich für Deutschland, dass nur ein Bildung und sensibilisieren für entsprechende Themen. Wenn man so will, bearbeiten wir den größeren Komplex der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit. Das bedeutet auch, dass wir differenzieren zwischen eben dieser gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit, die man oft genug bei Sportereignissen antrifft, und beispielsweise Anfeindungen gegen- über der Polizei als Berufsgruppe. Aus sozialwissenschaftlicher Sicht beschreibt gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit verbale oder physische Gewalt gegen Menschen, die Merkmale tragen, die sie nicht selbst wählen – beispielsweise sexuelle Orientierung oder Zugehörigkeit zu einem bestimmten Kulturkreis. Warum kulminiert dieses Phänomen immer wieder im Fußball? Wir erleben in den letzten Jahren einerseits eine stetige Ausweitung der Grenzen des Sagbaren. Das betrifft alle Lebensbereiche. Antise- mitismus wird beispielsweise unverhohlen geäußert. Im Fußballsta- dion treffen dann zwei Dinge aufeinander. Man ist Teil einer großen Menge und glaubt damit, mit seinen lautstarken Beschimpfungen und Herabwürdigungen nicht identifizierbar zu sein. Und schließlich hat Fußball eine enorme mediale Präsenz, sodass entsprechende Vorfälle automatisch öffentlich sind. Mir ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass rassistische oder sexistische Äußerungen in der Regel nicht aus den Reihen der Ultras kommen, sondern von den normalen Sitzplätzen. Ultras – so beobachten wir – versuchen inzwischen, dem Rassismus positiv entgegenzuwirken. Was ist der Hebel, um mit den Fanprojekten erfolgreich zu sein? Als wir vor etwa 12 Jahren mit unserer Arbeit begonnen haben, wurde klar, dass wir Kontakt mit denjenigen Fans aufnehmen, die sich schon im Bereich Antirassismus-Arbeit engagieren. Die Idee war schnell gebo- ren, dass wir ein antirassistisches Fußballturnier organisieren wollen. Um dieses Turnier herum wurden verschiedene Veranstaltungsformate platziert. Inhaltlich ging es lange Zeit um Antirassismus, Erinnerungs- kultur und Gedenkstättenarbeit. Mittlerweile sind wir weiter und haben auch Angebote zu Themen wie Sexismus oder Homophobie. Die Arbeit wirkt eher langfristig. Treibst Du Sport auch außerhalb des Schulunterrichts? Wenn ja, was machst Du? Ich mache viel Sport – am liebsten Leichtathletik, Hammerwurf, Rasenkraftsport, Schwimmen, Laufen und Tanzen. Mädchen, 14 Foto: Matthias Hummel

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